Die Britischen Jungferninseln (engl. The British Virgin Islands) sind eine Inselgruppe der Kleinen Antillen in der Karibik, etwa 100 km östlich von Puerto Rico gelegen. Klein, fein, abwechslungsreich – das Karibik-Archipel ist ein Traumrevier für Segler, Taucher und Schnorchler. Und für alle, die mit Massentourismus nichts am Hut haben.
An wen (oder was) mag Christoph Kolumbus wohl gedacht haben, als er 1493 einer bis dahin unbekannten Insel den Namen Virgin Gorda – Fette Jungfrau – verpasste? Kommt man von Seeseite, sieht man üppige Rundungen, bei denen es sich – Phantasie vorausgesetzt – durchaus um eine weibliche Silhouette handeln könnte. Eine andere, harmlosere Version ist indessen, dass der Seefahrer das Eiland, das heute zu den Britischen Jungferninseln gehört, nach der heiligen Ursula benannt hat, die wiederum 11.000 Jungfrauen um sich geschart haben soll.
Traumstrand The Baths
Auf der Fetten Jungfrau hat Lili Charles (44) seit 15 Jahren seinen luftigen Verkaufsstand für Handtücher, T-Shirts und Schmuck am Strand von The Baths, einem der spektakulärsten Badeabschnitte in der gesamten Karibik. Wie gigantische Murmeln liegen dicke Steinbrocken im Meer – der Weg zu den einzelnen Badebuchten führt zum Teil durch ein wahres Murmellabyrinth. Dass man auf dem Weg durchs knietiefe Wasser stapfen muss, stört überhaupt nicht, denn es ist das ganze Jahr über mindestens 25 Grad warm. Vor dieser Bilderbuch-Kulisse, wo übrigens auch schon Heidi Klum Fotoshootings für Bademode machte, liegen regelmäßig auch Segelboote vor Anker – einen schöneren Platz findet man im weiten Umfeld kaum.
Während Gäste aus aller Welt die Szenerie auf den British Virgin Islands genießen, wurmt Lili Charles vor allem eines: dass die deutschsprachigen Urlauber so wenig bei ihm einkaufen – ganz im Gegensatz zu den Amerikanern. "Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Deutschen so viel reisen und ferne Ziele für sie nichts besonders mehr sind", sinniert der Mann mit den fotogenen Rastalocken. Aber der Tag verspricht doch noch gut für ihn zu werden, denn gleich zwei große Kreuzfahrtschiffe haben gerade die britischen Jungferninseln angesteuert – darunter die noble Queen Mary II. An den Namensaufklebern und den Armbändchen sind die Schiffsgäste leicht auf den Inseln auszumachen – doch selbst diese wohlsituierte und Reise-erfahrene Klientel staunt sichtlich über die Naturschönheiten auf den BVI, wie die Inseln üblicherweise abgekürzt werden.
Ein jungfräuliches Urlaubsgebiet
Würde man in Deutschland eine Straßenumfrage machen, was sich hinter dem Kürzel verbirgt, läge die Rate der Ahnungslosen wohl außerordentlich hoch. Ein Massenziel sind die Bi-Wi-Eis, wie sie ausgesprochen werden, noch lange nicht – und sie wollen es auch gar nicht werden. Eine Umfrage unter Bankern fiele wohl besser aus, denn viele von ihnen wissen durchaus, dass die "British Virgins" eine der weltweit bekanntesten Finanzadressen sind. Indes: Von der turbulenten Bankenwelt will die Kolonie des Vereinigten Königreiches ein Stückchen unabhängiger werden, indem sie verstärkt auf den Tourismus setzt. "Das ist hier wirklich noch ein jungfräuliches Urlaubsgebiet", macht Silke Langenkamp von der deutschen Vertretung des BVI Tourist Board ein Wortspiel.
Strandurlaub mit den Promis
So herrlich, wie die mehr als 60 Inseln des Archipels auch sind – mindestens einmal Umsteigen ist auf dem langen Weg von Deutschland zu den Britischen Jungferninseln angesagt, denn für die großen Überseeflieger ist die Landebahn auf dem Inselflugplatz auf Beef Island einfach zu kurz. Es sei denn, man macht es wie die ausgewiesenen BVI-Fans Tom Cruise, Steven Spielberg, Harrison Ford, Mariah Carrey, Kate Moss, Catherine Zeta-Jones oder Michael Douglas (die Liste ließe sich noch lange fortführen), die – natürlich – im Privatjet in das Insel-Paradies reisen. Etlichen dieser Super-Promis wird man freilich kaum in der überschaubaren Insel-Hauptstadt Road Town begegnen – die meisten ziehen sich vielmehr auf Necker Island zurück. Die Privatinsel des Virgin-Gründers und Milliardärs Sir Richard Branson ist ein Luxusrefugium, bei dem Normalsterbliche außen vor bleiben müssen – bei Mietpreisen ab 35.000 US-Dollar. Pro Tag, wohlgemerkt.
Hauptsache entspannt
Doch auch mit mittlerem Einkommen sind die BVI ein attraktives (und bezahlbares) Ziel. Auf der Hauptinsel und den etwas ruhigeren Satelliten Virgin Gorda, Peter Island, Anegada oder Jost van Dyck gibt es Unterkünfte für die unterschiedlichsten Budgets. Sogar drei Zeltplätze gehören zum Angebot. Wer ein Freund von Massen-Tourismus und entsprechenden Einrichtungen ist, sollte um die Britischen Jungferninseln aber eher einen Bogen machen – es geht hier durchaus familiär zu: Nur keine Hektik, bitteschön. Nur kein allzu lautes und auffälliges Auftreten. Nur nicht zu viel nackte Haut. Denn, Thank God, we’re British.