„Durchfall ist nicht nur lästig, sondern aufgrund des Flüssigkeitsverlustes potentiell gefährlich“, sagt Prof. Tomas Jelinek, medizinischer Direktor des BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, Lehrbeauftragter der Uni Köln und an der Charité Berlin. Er erklärt, warum uns Durchfall oft im Urlaub erwischt, wie man vorbeugt und was im Notfall hilft.
Eine der häufigsten Erkrankungen auf Reisen ist Durchfall. Warum ist das so?
Unser Essen ist nicht steril, sondern enthält immer Erreger. Bei uns in Mitteleuropa ist dies meist in relativ niedriger Konzentration der Fall, da wir bei der Nahrungsmittelherstellung auf hohe Hygienestandards achten. Auf Reisen kann das anders sein. Niedrigere Hygienestandards und dadurch gefährlichere Keime im Essen können Durchfall auslösen.
In welchen Ländern ist die Gefahr besonders groß?
Es gibt viele Reiseländer, in denen das Risiko erhöht ist. Die meisten Fälle sehen wir auf Nilkreuzfahrten mit einer Durchfallrate von über 90 Prozent und auf dem indischen Subkontinent mit über 80 Prozent Betroffener. Aber es gibt auch viele andere Länder, in den man Durchfall bekommen kann. In der Türkei z.B. haben wir durchaus einen Anteil von 40 Prozent der Reisenden mit Durchfallerkrankungen.
Welche Vorsichtsmaßnahmen empfehlen Sie?
Es gibt den alten Tropenmediziner-Satz: „Koch es, schäl es oder vergiss es“. Der ist sehr pragmatisch, aber leider kaum durchzuhalten. Oft kann man das nicht kontrollieren oder die Erreger kommen über Glas, Teller oder Gabel in den Organismus. Das Überprüfen der Quelle der Nahrungsmittel ist ratsam, aber davon abgesehen ist es auch einfach Pech, wenn man Durchfall bekommt.
Was geschieht bei einer Durchfallerkrankung im Körper?
Durchfall ist meistens eine Abwehrreaktion des Körpers: Er will den Erreger schnell wieder loswerden. Hierzu beginnt er, mehr Flüssigkeit auszuscheiden und die Darmbewegung zu steigern. Der Inhalt des Darmes soll mitsamt Erreger schnell zum Ausgang transportiert werden.
In anderen Fällen möchte der Erreger selbst, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschieden wird, z.B. Enterotoxische E. coli Bakterien. Wenn sie sich ausreichend vermehrt haben, produzieren sie ein Toxin und provozieren so einen gesteigerten Wassereinstrom in den Darm. Dadurch werden sie alle gemeinsam ausgeschieden. Das erhöht die Chance, einen neuen Körper besiedeln zu können.
Niemand möchte auf Reisen mit Darmeskapaden an die Unterkunft gefesselt sein. Was sollte eine Therapie von akutem Durchfall leisten?
Eine Therapie sollte das Erreichen von zwei Zielen unterstützen: Eine schnelle Linderung des Symptoms Durchfall und eine Reduktion des Flüssigkeitsverlustes. Denn Durchfall ist nicht nur lästig, sondern aufgrund des Flüssigkeitsverlustes auch potentiell gefährlich.
